05.10.2009

Ardipithecus und die Medien (Teil II)

Eines noch zu dem Artikel der FAZ:

Der Autor des Artikels beschreibt im letzten Absatz Lovejoys Ausführen folgendermaßen:

"Spätestens hier dürfte Owen Lovejoy der Widerspruch all jener sicher sein, welche hoffen, die Ursprünge menschlichen Verhaltens durch das Studium von Schimpansen und Bonobos aufklären zu können - bis hinein in Moralvorstellungen. Aber vielleicht sollte man jetzt, wo wir von Ardi wissen, mit Schlüssen vom Schimpansen auf den Menschen noch sehr viel vorsichtiger sein. "Wir können uns nicht mehr auf Homologien, also Ähnlichkeiten aufgrund gemeinsamen evolutionären Ursprungs zu afrikanischen Menschenaffen, verlassen, um unsere Ursprünge zu erklären", schreibt Owen Lovejoy in Science. Denn nicht nur der Mensch hat sich seit der Trennung seiner Ahnenreihe von der des Schimpansen durch eine Fülle einzelner Anpassungsprozesse erheblich weiterentwickelt, sondern auch jene uns vermeintlich so nahen großen Affen. Wir stammen nicht von ihnen ab, sondern von einem Wesen wie Ardi."

Hier irrt der Autor jedoch: Die Kritik wird Herr Lovejoy von denjenigen bekommen, welche seine Paarbindungshypothese nicht teilen. Wie man hier sehen kann, gibt es sogar Primatologen die in Lovejoys Ausführungen gewisse Bestätigung für ihre Arbeit sehen. Interessanterweise beschäftigt sich Frans de Waal sehr viel mit der Evolution von Moral und Empathie, also gerade dem Feld was der Verfasser des Artikels wohl nicht so gern hat.

Zu den weiteren Ausführungen des Autors:
In der Paläoanthroplogie steckt man in einem Dilemma: Man versucht die Evolution des Menschen zu erklären, hat dabei aber lediglich Fossilien zur Verfügung. Fossilien reden aber leider nicht. Wie kann man jetzt also ernsthafte Hypothesen über die Evolution des Menschen und speziell seiner Kognition stellen, wenn man über Fosslilien so gut wie gar keine direkten Rückschlüsse ziehen kann?


Es gibt zwei Wege dies zu tun. Der eine geht über den Vergleich mit unseren rezenten nächsten Verwandten und das sind nunmal die afrikanischen Menschenaffen. Der andere geht über Arten, welche Verhaltensweise zeigen die den unsrigen analog sind, d.h. die diesselbe Struktur haben, jedoch unabhängig von den unsrigen entstanden sind.
Aus diesen Beobachtungen kann man nun schauen, ob man Korrelationen zwischen bestimmten Verhaltensweisen (z.B. der Fortpflanzungstrategie) und dem Körperbau findet. Findet man diese, kann man nun Rückschlüsse auf die Lebensweise von Fossilen Formen machen.
Wie man sicher sehen kann, ist die Reichweite dieser Methode begrenzt, doch ist sie die einzige mit der man sichere und tatsächlich überprüfbare Aussagen treffen kann.


Mit Sicherheit sind bestimmte, aus der Primatologie bzw. Soziobiologie abgeleitete Aussagen sehr gewagt.
Doch muss man, um den Menschen aus biologischer Sicht zu verstehen, auch die Frage stellen welche Ursprünge unsere Moral und unsere Kultur haben und dafür haben wir nunmal nur Schimpansen und Bonobos, da alle phylogenetisch uns näher stehenden Arten ausgestorben sind.
Ich kann mir den Eindruck nicht vernkeifen, dass der Autor des Artikels in den Ausführungen Lovejoys (der selber immer wieder vergleiche zu anderen Tieren in seinem Artikel benutzt hat), eine willkommene Gelegenheit gesehen hat seine persönlichen Ansichten zu den Versuchen von Primatologen das Verhalten des Menschen aus biologischer Sicht zu erklären, in die Öffentlichkeit zu tragen. Dabei hat er (wie bereits erwähnt) jedoch vollkommen außer Acht gelassen, dass dies nicht die primäre Intention Lovejoys war.

Hier zeigt sich wiedereinmal das Problem, wenn Journalisten sich nicht tief genug mit einer speziellen Materie auskennen um sie wirklich kritisch betrachten zu können.
Dies ist vor allem deshalb gefährlich, weil ein großteil der Menschen nicht die Originalartikel liest (bzw. sie verstehen kann) und sich auf die, in Zeitungen und populären Wissenschaftsmagazinen veröffentlichten, Zusammenfassungen stützten. Und wenn diese falsch sind, dann haben auch ein großteil der Leute ein falsches Bild über eine bestimmte Sache.