Guten Abend zusammen,
Der heutige Tag war äußerst wechselhaft.
Eine der interessantesten Punkte an dem heutigen Tag kam in einem Vortrag über Stereotype vor. In diesem machte die Referentin, Johanna Forster, darauf aufmerksam, dass es mittlerweile in bestimmten Kreisen (hauptsächlich für Personalabteilungen) Ratgeber gibt, welche versprechen, dass man anhand typologischer Merkmale des Gesichts exakt die Persönlichkeitseigenschaften ablesen könnte. Dies erinnert in vielen Punkten stark an die Phrenologie, die im 19. Jahrhundert praktiziert wurde. Frau Forster machte auch sogleich darauf aufmerksam, dass es die Aufgabe der Anthropologie sei, diese Aspekte zu bekämpfen. Ferner sehe ich noch bestimmte Befürchtungen von Christian Vogel bestätigt: Durch ein fernbleiben einer konsequenten Umsetzung der Evolutionstheorie innerhalb der deutschen Anthropologie, ist noch immer ein Vakuum vorhanden, in das diese Vorstellungen einfließen und gedeihen können.
Zudem gab es noch von Uwe Krebs ein sehr engagiertes Plädoyer (was ich leider teilweise verpasst habe, weil ich zu spät gekommen bin) darüber, dass die Anthropologie einen größeren Beitrag zur Pädagogik besteuern sollte als bisher. Über die Qualität dieser Beiträge der Anthropologie zur Pädagogik kann ich an dieser Stelle nicht viel sagen, da mir das wissen fehlt. Doch habe ich in der Argumentation von Herrn Krebs einige Dinge wiederfinden können, von denen ich meine, dass die Anthropologie dies tun sollte (wie man hier nachlesen kann).
Nach dieser Sitzung, die am frühen Nachmittag stattfand, ging es jedoch mit meiner Begeisterung bergab. Die Präsentation der Posterbeiträge war äußerst ernüchternd. Bestanden diese doch falls Ausnahmslos aus Fallstudien oder Auszügen prähistorischer Untersuchungen, welche nicht in einer größeren Fragestellung eingebettet sind. Das einzige Poster mit einem Paläoanthropologischen Bezug, ist leider auch von, wie ich meine, eher niedrigerer Qualität. Zudem war es mir nicht möglich, den Verfasser dieses Posters näher zu einige Punkte befragen zu können, so dass ich bis jetzt auch der Meinung bin, dass viele Dinge die er behauptet eher Zweifelhafter Natur sind.
Der Tag wurde von einer Reihe von Vorträgen unter dem Oberbegriff „Facetten der Anthropologie“ beschlossen, diese beinhalteten: Zwei Einzelfallstudien ( der Schädel von Friedrich Schiller und etwas über „Ötzi“), eine, wie ich finde, sehr detaillierte und gute Darstellung von Gisela Gruppe zur Untersuchung stabiler Isotope bei Tierknochen (diese Beschreibung ist eigentlich vollkommen unzureichend, aber mir fehlt die Zeit das genauer auszuführen) und letztendlich einer Darstellung bestimmter Aspekte aus Charles Darwins Werken, welche aufzeigen, wie häufig er bestimmten Fragen vorgegriffen hat.
Auch hier stelle ich mir wieder die Frage, warum an dieser Stelle kein Paläoanthropologe gesprochen hat. Denn die Untersuchung der Evolution des Menschen ist doch schließlich eine der Hauptfacetten der Anthropologie. Ich werfe dies nicht den Veranstaltern vor, doch finde ich die generelle Abwesenheit der Paläoanthropologie auf dieser Tagung äußerst Besorgniserregend.
Soviel für heute, das Programm zu Morgen lässt mich etwas erschaudern, weil mich irgendwie so gar nichts interessieren will, doch werde ich mir die Dinge trotzdem ansehen und so wertfrei wie irgend möglich beurteilen.
Gute Nacht!