10.07.2009
Was ist der Mensch?
Hallo,
Beim durchstöbern des Blogs einer Bekannten, welche die Frage aufwarf "Was ist der Mensch?", fiel mir auf, dass ich hier etwas über Anthropologie von mir gebe und noch gar nichts wirkliches über das damit verbundene Menschenbild gesagt habe. Ich werde mich jetzt also mal an dieser Frage versuchen.
Eines noch vorweg, ich maße mir hier nicht an für die Anthropologie als ganzes zu sprechen, vielmehr möchte ich meine Sicht auf diese Sache darlegen..
Das wichtigste zuerst, der Mensch ist ein biologisches Wesen und damit ist er auch ein Resultat der natürlichen Selektion, wie jedes andere Lebewesen auf der Erde.
Viele Menschen habe mit einem solchen Menschenbild zunächst kein großes Problem, dass Geschrei geht erst dann los, wenn man unter „Produkt der Selektion“ auch so Dinge, wie die menschliche Kulturfähigkeit oder die kognitiven Fähigkeiten des Menschen im Allgemeinen meint.
Viele Menschen (darunter auch viele Wissenschaftler) fassen tierisches Verhalten noch immer in klassisch-behavioristischer Art und Weise unter simplen Reiz-Reaktionsabfolgen zusammen oder unter „Instinkten“, von denen der bewusste Mensch sich ja komplett freigemacht habe.
Doch kann dies überhaupt sein, wenn wir doch ansonsten biologische Wesen sind? Hat irgendwann im Laufe der Evolutionsgeschichte des Menschen irgendeine Hominidenform plötzlich laut „Heureka!“ gerufen und die große menschliche Intelligenz war geboren?
Klingt irgendwie unrealistisch.
Aber auch die Daten (man muss ja alles mit Zahlen untermauern) sprechen gegen eine ganz spezielle Form der menschlichen Intelligenz.
Der Trennungszeitpunkt der Linien von Mensch und Schimpanse lag vor ungefähr sechs bis sieben Millionen Jahren, ein ziemlich kurzer Zeitraum für evolutionäre Quantensprünge, bedenkt man noch die Tatsache, dass die ersten Hominiden Gehirne hatte, die kaum größer als das rezenter Schimpanse waren verkürzt sich dieser Zeitraum nochmals um einige Millionen Jahre.
Zudem findet man bei Schimpansen und Bonobos eine ganze Reihe von Verhaltensweisen die man früher noch als „typisch menschlich“ bezeichnet hätte. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass Schimpansen sich in ihrer „sozialen Intelligenz“ (also ihrem Vermögen sich innerhalb ihrer Gruppe zu positionieren und Koalitionen zu schmieden) nicht großartig von uns Unterscheiden.
Was bedeutet dies jetzt aber? Nun die Antwort ist simpel und doch weitreichend, unser Verhalten ist genau wie das Verhalten aller anderen Tiere bestimmten biologischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen, der Unterschied bei uns ist nur, dass wir viele dieser biologischen Gesetzmäßigkeiten kulturell überdeckelt haben. Ein gutes Beispiel sind Gesetze gegen Inzest, der ja der genetischen Fitness abträglich ist und bei Tieren häufig durch Migration oder Verhaltensbarrieren verhindert wird. Oder betrachtet man sich mal die zehn Gebote, das Gebot „Du sollst nicht töten“ galt im alten Israel nur bei Israeliten (und damit genetisch näher verwandten Personen), nicht bei Fremden.
Unsere Kultur und damit wir selber sind nicht frei von diesen biologischen Gesetzmäßigkeiten (Christian Vogel benutzte dafür den herrlichen Satz: “Kultur an der Leine der Natur“).
Doch anstatt dies zu verteufeln und dagegen mit unlogischen Argumenten vorzugehen, bin ich der Meinung dass man diese Tatsache nutzen sollte um zu einem wesentlich pragmatischeren Umgang mit der sogenannten „Natur des Menschen“ zu kommen.
Denn wenn man eines aus der Evolutionsbiologie lernt, dann das die Natur absolut wertfrei ist und so ist auch der Mensch. Erst unsere subjektive Interpretation erzeugt das „Gute“ und das „Böse“ im Menschen.
Alles gute.